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Sonnenbrand in Griechenland: Die Rechtsextreme 'kam, sah und siegte'

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Katha Kloss

Politik

Mit dem gestrigen Urnengang haben die Griechen vor allem den harten Euro-Sparkurs der Zentrumsparteien abgestraft: Die Konservativen der Nea Dimokratia und die Sozialdemokraten der PASOK verfehlten mit 149 von 300 Sitzen die Mehrheit im Parlament. Zum ersten Mal wird auch eine faschistische Partei - die Goldene Morgenröte - ins griechische Parlament einziehen.

Ein junger Grieche kommentiert den gestrigen Wahlsonntag – mit Brandschäden…

Veni, vidi, vici – “ich kam sah und siegte”, rief Julius Cäsar aus. Sein Wortlaut ist insofern interessant, als dass er seiner Nominierung als „Diktator von Rom“ im Jahre 45 vor Christus vorausging. Für die Geschichtsbesessenen unter euch: Wichtig ist, dass Cäsar vom Römischen Senat selbst zum Diktator aus Lebenszeit ernannt wurde. Natürlich kann seine Diktatur nicht wortwörtlich mit der modernen Nutzung des Terms gleichgesetzt werden. Aber seine Worte öffneten dem Imperator die Türen zu dem, was wir heute „Cäsarismus“ nennen würden.

Kürzlich wurde der gleiche Wortlaut vom Parteichef der griechischen Rechtsextremen der Goldenen Morgenröte [Chrysi Avgi], Nikos Michaloliakos, verwendet. Kurz darauf hat er sich im Rahmen der griechischen Parlamentswahlen leider bewahrheitet. Für andere Parteien, die am gestrigen 6. Mai angetreten waren, scheint eine abgewandelte Form des Ausrufs angebrachter: “Ich kam, sah und … machte den Abgang.”

Griechische Parlamentswahlen 2012: Punkten konnten vor allem die radikalen Linken des Syriza-Bündnis‘ (15,2 %), sowie die Kommunisten (8,2 %), die rechtsradikale Partei Goldene Morgenröte (6,7 %) und die Kammenos-Partei (10,2 %).

Ob der Leader der faschistischen Morgenröte diesen Wahlverlauf im Kopf hatte, als er seinen Gegnern - ‘den Verrätern’ - voller Hass und Dreistigkeit den Cäsar-Ausruf entgegen schmetterte, ist fraglich. Für diejenigen, die das Interview gesehen haben, handelte es sich klar und deutlich um einen faschistisch motivierten Tonfall. Es war ein Ausruf, der jegliche Art der Auseinandersetzung mit dem Hörer verneinte; eine Form der Rede, die den Dialog mit dem Publikum zu vermeiden suchte.

Die Menschen in Griechenland scheinen von den Wahlresultaten geschockt zu sein. Aber für alle, die die politischen Entwicklungen in letzter Zeit näher betrachtet haben, war klar: Die Goldene Morgenröte würde 2012 die 3%-Hürde knacken und ins Parlament einziehen. Ganz nebenbei: Auch die Medien und das politische System an sich haben dazu beigetragen, die Rechtsextreme ins Parlament zu befördern. Man hatte wohl darauf gehofft, dass das ständige Läuten der Alarmglocken die Wähler dazu führen könnten, doch wieder für die Zentrumsparteien umzuschwenken.

Charmolypi: Griechisches Wechselbad der Gefühle

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Zudem ist es traurig zu sehen, dass es die Liberalen erst gar nicht ins Parlament geschafft haben. Es ist eine desaströse Entwicklung, wenn die 3 kleinen liberalen Parteien zusammen nur auf 6 bis 7 % kommen. Aber persönliche Streitereien und unterschiedliche Strategien hatten eine Kooperation unmöglich gemacht, auch wenn die politischen Differenzen nur sehr gering sind. Die Abwesenheit der Liberalen ist eine Verlust für die Demokratie, insbesondere wenn extremistische Parteien auf dem Vormarsch sind.

Es gibt das wundervolle griechische Wort charmolypi: Es beschreibt das Gefühl, gleichzeitig froh (hara) und traurig (lypi) zu sein. Genau dieses Gefühl teilt die Mehrheit der Griechen nach den gestrigen Parlamentswahlen. Die Leute sind zwar erleichtert, dass die beiden großen Zentrumsparteien PASOK und Nea Dimokratia abgestraft wurden [ND 18,8%; PASOK 13,2%; 2009 holten beide Parteien zusammen noch 77,4% der Stimmen]. Somit konnte zumindest ein gewisser Gerechtigkeitssinn wieder hergestellt werden. Auf der anderen Seite blickt man betröppelt auf die Resultate der Rechtsextremen und fragt sich, welchen Verlauf die griechische Politik nach dem Einzug der Goldenen Morgenröte wohl nehmen wird.

Illustrationen: Teaserbild (cc)kirstinmckee/flickr; Im Text (cc)Shock2006/flickr

Translated from L’extrême-droite en Grèce : « Veni, vidi, vici »