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Schlampe? Wenn und wann ich will - Slutwalk in Paris

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Gesellschaft

Am 28. September versammelten sich Menschen in Frankreich für den Slutwalk, gegen die Schuldzuweisung an Vergewaltigungs-Opfer und deren Scham. Mittlerweile treffen sich Menschen weltweit für Slutwalks, um für die Rechte der Frauen zu demonstrieren. Die Botschaft: Vergewaltigung ist nie die Schuld des Opfers und Nein heißt Nein. Fotos und Interviews vom "Marche des Salopes" in Paris.

LEA UND ALEXANDRA

Léa, 20, Paris: "Ich sehe mich selbst als Feministin. Das ist mein zweiter Slutwalk, und ich demonstriere heute, um Leute daran zu erinnern, wer die wahren Opfer von Vergewaltigung sind - und das sind nicht die Vergewaltiger."

Alexandra, 21, Normandie: "Obwohl ich mit einigen Meinungen der OrganisiererInnen des Pariser Slutwalks nicht übereinstimme, denke ich, dass es wichtig ist, sich zu versammeln. Wir sollten versuchen, die Denkweisen von Leuten über Vergewaltigung und Belästigung auf der Straße zu ändern. Als ich über eigene Erfahrungen von Belästigung sprechen wollte, war niemand gewillt, mir zuzuhören." (Anm.: Auf Alexandras Brust steht: "Korrektiv-Vergewaltigung? Ich bin immer noch eine Lesbe!")                                                          

JULIA, SARAH & SARAH

Sarah, 23, Boston: "Auf den Straßen von Paris gehe ich in die Defensive. Ich bin fremd hier und weiß oft nicht, was ich sagen soll. Wenn ich dann Englisch spreche, fühle ich mich noch verwundbarer als sowieso schon. Da fühlt sich der Slutwalk an wie eine Chance: all die Dinge sagen, die man nie sagen konnte, wenn jemand zum Beispiel "Hey Baby" ruft. Ich bin eine Frau, höre mich brüllen!"

Sarah, 30, Washington DC: "Ich betrachte mich selbst als Feministin. Das bedeutet, eine Wahl zu haben - ob du zu Hause bleiben und Kinder haben, oder eine Karrierefrau sein willst, oder etwas anderes machen möchtest. Es bedeutet, Frauen zu bestärken, die Entscheidungen von anderen Frauen zu unterstützen, selbst wenn sie nicht die gleichen wie unsere eigenen sind."

Julia, 25, Seattle:  "2007 wurde in Montana in den USA ein 14-jähriges Mädchen von ihrem 45 Jahre alten Lehrer drei Mal vergewaltigt. Er bekam letztendlich eine 30-Tage-Strafe, weil der Richter sagte, dass sie geistig reifer sei und allgemein angenommen wurde, dass sie es wollte. Das Mädchen hat Selbstmord begangen. Es war Vergewaltigung eines minderjährigen Mädchens, und eine 30-tägige Strafe ist völlig verrückt."

ROSALIE

Rosalie, 23, Paris: "Dies ist mein zweiter Slutwalk und ich laufe aus drei Gründen mit:

1) Für mich selbst. Es ist eine Befreiung, all meinen Ärger herauslassen zu können. Als ich das letzte Mal mit anderen Feministinnen mitgelaufen bin, fühlte ich mich stärker - es war gleichzeitig befreiend und eine gute Therapie.

2) Ich habe eine Freundin, die vergewaltigt wurde und ich bin die Einzige, der sie sich anvertraut hat, weil sie sich so schämt. Ich habe entschieden, jedes Jahr für sie zu laufen, bis sie realisiert, dass es nicht ihre Schuld ist und dass es nichts gibt, was ihr peinlich sein muss. Ich hoffe, dass sie eines Tages mit mir laufen wird. Aber ich weiß nicht, ob das jemals möglich sein wird. Ob sie sich jemals wieder glücklich fühlen wird.

3) Der Sohn von Freunden der Familie hat jemanden vergewaltigt. Ich kannte ihn seit ich klein war. Er kam ins Gefängnis und während er einsaß, brachte er sich um. Ich weiß, es ist kontrovers, aber ich laufe auch für ihn.

GESÄNGE

"Le sexisme est une maladie sociale: Sexismus ist eine soziale Krankheit!"

"Ma liberté, tu dois la respecter: Du musst meine Freiheit respektieren."

"Salope? Si je veux, quand je veux: Schlampe? Wenn ich will, wann ich will."

"Pas d'excuses pour les abus: Keine Entschuldigungen für Missbrauch."

"Love sex - hate sexism!"

SALUT 

Soldaten, anonym: "Wir stimmen der Botschaft der Demonstration zu, obwohl wir vorher noch nie vom Slutwalk gehört haben. Vergewaltigung ist nie entschuldbar. Die Medien sollten mehr über die Realitäten von Sexismus sprechen."

Gaëlle Hym, 39, Paris: "Vor drei Jahren habe ich den ersten Slutwalk in Frankreich organisiert. Ich habe die OrganisatorInnen des ersten Slutwalk in Toronto kontaktiert und bekam grünes Licht. Ich habe gedacht, es wäre schade, wenn es sowas nicht auch in Frankreich gäbe. An der Demonstration mag ich das Inklusive. Ich will den Slutwalk neutral  halten und freue mich darüber, dass verschiedene Organisationen mit uns laufen, aber ich will keine der Gruppen die Bewegung definieren lassen. Ich bin mit einem Bruder aufgewachsen und habe festgestellt, wie das Patriarchat auch Jungs leiden lassen kann - ich will Geschlechter-Stereotypen durchbrechen. Ich will, dass ein Programm für sexuelle Erziehung für junge Leute eingeführt wird, das über Einwilligung spricht. Ich will, dass jeder weiß, was Vergewaltigung ist und gegen eine Kultur angehen, in der Vergewaltigungsopfer, und nicht Vergewaltiger, dazu gebracht werden, sich zu schämen. Das muss sich ändern."

Thomas, 44, Paris: "Ob ich Feminist bin? Ja...nein...ja. Das ist mein erster Slutwalk. Ich habe die Erfahrung genossen, obwohl ich enttäuscht bin, wie wenige wir sind. (Anm. - 230 laut der Stadtverwaltung). Ich laufe mit, weil ich viele Frauen kenne, die vergewaltigt oder sexuell belästigt wurden. Das hat mir die Augen geöffnet. Ich habe außerdem eine 16 Jahre alte Tochter und ich will, dass sie in einer besseren Welt lebt. Es leben die Frauen!"

Translated from Vive les femmes: the faces of Slutwalk Paris