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Referendum: #SchottlandEntscheidet sich für Union

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Politik

Die Einwohner Schottlands haben deutlicher als erwartet gegen die Unabhängigkeit von Großbritannien gestimmt. Im Referendum am Donnerstag votierten laut amtlichem Endergebnis gut 55 Prozent mit "Nein". Kommentatoren sehen Großbritannien trotzdem vor einem Neuanfang und loben London für seine bisherige Offenheit gegenüber den schottischen Separatisten. 

The Guardian: Erleichterung und Unbehagen; Großbritannien

Auch wenn die schottische Bevölkerung gegen die Unabhängigkeit gestimmt hat, einfach den Status quo zu zementieren wäre falsch, argumentiert die linksliberale Tageszeitung The Guardian: "Was tausende Schotten als wunderbar empfunden hätten oder von dem sie zumindest gerne Zeuge geworden wären, ist verpufft. Ihre Enttäuschung wird schmerzlich und niederschmetternd sein. Für andere, die Mehrheit, wird das Gefühl von Erleichterung überwiegen, aber auch Unbehagen. Die Abstimmung vom Donnerstag hat offengelegt, dass Schottland gespalten ist. [...] Die Wunden zu heilen, wird weder schnell noch leicht sein. Es ist an der Zeit, die Flaggen wegzuräumen. Die politische Frage wird nun in London verhandelt. [...] Ein Abkommen [mit neuen Kompetenzen für Schottland] muss bis Ende nächsten Monats auf dem Tisch liegen. Es wird nicht leicht sein, die verschiedenen Interessen der Schotten, Engländer, Waliser, Nordiren und lokale Interessen unter einen Hut zu bringen. Aber es ist eine epochale Chance. Dieses Abkommen ist, wie Banken, 'too big to fail'." (19.09.2014)

Corriere della Sera: Separatisten unterschätzt; Italien

Trotz ihrer Niederlage im Referendum tragen die schottischen Separatisten einen Sieg davon, denn Großbritannien wird ein föderales System ansteuern müssen, glaubt die liberal-konservative Tageszeitung Corriere della Sera: "Ab heute ist in Großbritannien nichts mehr wie zuvor. Das Ergebnis des Volksentscheids wird nachhaltige Auswirkungen haben. Es wird auf der Zukunft der Konservativen wie auch der Labour-Partei lasten. Denn sowohl der britische Premier David Cameron als auch Oppositionsführer Ed Miliband haben einen schweren Fehler begangen: Sie haben die Separatisten unterschätzt. Selbst wenn das Unheil der Abspaltung verhindert werden konnte, wird es unvermeidbar sein, Schottland mehr Souveränität einzuräumen, angefangen bei Steuern und dem Sozialsystem. Dies bedeutet, auf eine föderale Staatsordnung zuzusteuern. Ein schönes Kapitel der britischen Geschichte geht zu Ende. Ein neues beginnt." (19.09.2014)

Hospodářské noviny: Tschechen bekamen damals icht die Chance; Tschechien

Die Tatsache, dass das Referendum über die Zukunft Schottlands überhaupt stattfinden konnte, ist ein großes Verdienst des britischen Premiers David Cameron, lobt die wirtschaftsliberale Tageszeitung Hospodářské noviny: "Cameron bewies staatsmännisches Format. Es hat schließlich keinen Sinn, auf einer Verbindung zu bestehen, wenn eine Seite sie nicht mehr will. Cameron war eine Mehrheitsentscheidung wichtiger als politische Ränkespiele. Das sollte man würdigen. Während der Kampagne in Schottland wurde häufig an das Schicksal der ehemaligen Tschechoslowakei erinnert, die sich 1992/93 auf der Grundlage einer Vereinbarung der nationalen politischen Führer teilte. Die Menschen bekamen damals nicht die Chance, sich für oder gegen den gemeinsamen Staat zu entscheiden. Die Politiker meinten, die Leute hätten ihre Meinung schon bei den vorherigen Wahlen ausgedrückt - was so nicht stimmte. Bis heute hat die Teilung deshalb einen unangenehmen Beigeschmack." (19.09.2014) 

Diário de Notícias: Gentlemen's Agreement; Portugal

Für den ruhigen Ablauf des schottischen Referendums findet die liberal-konservative Tageszeitung Diário de Notícias nur einen Ausdruck - Gentlemen's Agreement: "Bewundernswert ist die zivilisierte Art und Weise, mit der eines der erfolgreichsten politischen Projekte in der Geschichte es akzeptiert hat, sich im Kern infrage zu stellen. Trotz eines sehr starken nationalistischen Lagers wurde zudem bereits im Vorfeld klargemacht, dass es bei einem Sieg des Nein-Lagers für eine Generation kein weiteres Referendum geben wird. [...] Seit dem Anschluss Schottlands im 18. Jahrhundert verdankt Großbritannien den Schotten viel. Ihre Erfinder haben die industrielle Revolution mitgetragen, ihre Soldaten beim Aufbau des Empire geholfen. Aber auch die Schotten wurden gut behandelt: Ihr Lebensstandard ist beneidenswert und die beiden Premiers vor Cameron [Brown und Blair] waren Schotten. [...] Wer dieses Referendum verfolgt hat, kann und muss wichtige Lehren daraus ziehen." (18.09.2014)

Le Soir: Wie kann man Vielfalt in Europa vereinbaren?; Belgien

Auch das Referendum in Schottland hat keine Antwort auf die Frage gefunden, wie die EU mit dem Streben nach nationaler Identität innerhalb ihrer Grenzen umgehen soll, meint die liberale Tageszeitung Le Soir: "Ist Unabhängigkeit die geeignetste Form, um seine Identität frei auszuleben und seine Gemeinschaft nach seinen Wünschen zu gestalten? In Spanien, Großbritannien und Belgien hat man noch kein überzeugendes Argument gehört, das im Rahmen der EU dafür spricht. Das beweist aber noch nicht, dass diese Vorstellungen von Identität illegitim sind. Noch weniger gestattet uns dies, das Recht darauf zu verweigern, die Bürger darüber abstimmen zu lassen. Nicht zuletzt gestattet dies der EU keineswegs, sie diskret mit der Drohung zu erpressen, dass sie [im Falle der Unabhängigkeit] nicht mehr Mitglied sein werden. Die Befürworter der existierenden Nationalstaaten, die Verfechter der Unabhängigkeit und die Europäer allgemein haben bislang die wesentliche Frage umgangen: Wie kann man die Vielfalt der Vorstellungen von Identität in einem vereinten Europa vereinbaren?" (18.09.2014)

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