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Pariser Pop von Captain Kid: Ganz einfach weil es schön ist

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BrunchKultur

Captain Kid ist mehr als nur ein Musiker. So trifft es sich gut, dass seine neueste Single sich auch um die aufgekommene Euro-Finanzkrise dreht. Eine lange Zeit von französichen Banken gesponsert, hat der 34-jährige Pariser sein Werk treffend mit „67 Songs“ betitelt. Gemächlicher Folk auf drei Hörebenen.

Beim ersten Reinhören macht sein Werk den Eindruck einer zum x-ten Mal aufgewärmten Mixtur. Ein irrtümlich alternativer Sound unter dem Deckmantel einer bereits toten Stilepoche, an der sich kein Hipster mehr unnötig aufhält. Ein karierthemdiges-huttragendes-Jukulele spielendes Universum - und dann die Übersättigung am Tante Emma-Charakter. Kurz und gut, Captain Kid war für mich eher der Captain des Kommerz als der Pirat einer neuen Musikepoche.

Die wahre Arbeit

Ich habe mich keinesfalls getäuscht. Der erste Song aus seinem ersten Album, 67 songs (erschienen April 2012), lobt die Verdienste einer großen französischen Bank in den besten Tönen. Während „We and I“ als frühlingshafter Hintergrundsound der neuesten Werbung der französischen Bank Caisse d'Epargne läuft, bevorzugt Sebastien Segault, alias Captain Kid, von „wahrer Arbeit“ zu sprechen: „Klar, dass ein einzelner Song, der noch dazu von einer Bank genutzt wurde, dein Album runterspielt. Deswegen dränge ich ja so darauf, dass die Leute sich das Album komplett anhören, weil es die gesamte Arbeit wiedergibt. Es gibt da einfach mehr drauf zu hören, als nur den durch die Werbung bekannt gewordenen Song. Das ist ein bisschen frustrierend, das stimmt.“

Weißes Hemd unter dem Pullover, V-Ausschnitt, Baby-Face und Brille: Captain Kid könnte auch sehr gut dein Finanzberater sein. Aber Sébastien hat auch Herz. Wenn „We and I“ unter „ sehr günstigen Konditionen“ entstehen konnte, handelt es sich trotzdem grundsätzlich um eine Liebesgeschichte: Ich habe es 2010 geschrieben. Meine Frau hat mich gefragt, ob ich ihr ein Stück schreibe. Denn damals spielte ich noch immer das von der Ex-Freundin. Sie war eifersüchtig, da sie kein eigens hatte. Also schrieb ich diesen Song, der ein bisschen autobiographisch eigentlich das erzählt, was unsere Geschichte ist (- nämlich von der Schwierigkeit mit einem Musiker zusammen zu sein, der immer ein bisschen mehr das „Ich“ als das „Wir“ im Kopf hat. Sie war natürlich der erste Fan.

Die Ohren von Mickey

Auf das zweite Hören hin stellte ich mir bei 67 Songs vor, ich sei auf einem Walt Disney artigen Sound-Spaziergang. Da war diese arglose Leichtigkeit, diese übertriebene Freundlichkeit, alles zusammen bringen zu wollen. Alles in allem ein Album weit näher an „Kid“ als an „Captain“: „Ich denke, ich habe versucht, mehrere Stimmungen einfließen zu lassen – puren Folk, ein bisschen Orchester und ganz viel Pop. Ich hatte wirklich Lust, dass man auf diesem Album durch verschiedene Stile flanieren kann. Dass es vielfältig zugeht.“

Sich aber einen Flöte spielenden Mickey zu den Balladen des Captain vorzustellen, ist schlicht und einfach Basisprogramm, wenn eine Melodie zugrunde liegt. „Das ist das Fundament des Stücks. Wenn ich etwas ausprobiere, dann spiele ich stundenlang die gleiche Melodie. Und wenn ich sie am folgenden Tag nicht vergessen habe, dann weiß ich, ich habe ein gutes Stück. Sébastien spielt immer wieder die gleichen Saiten, klimpert und lässt nicht locker - bis er auf ein eindringliches Motiv trifft, das Mickey zum Tanzen bringt.

Mit seinen 34 Jahren ist Sébastien äußerst nett anzusehen. Er sieht aus, als sei er im Übergang von der Kindheit ins Erwachsenenalter. Vom Sessel seiner Wohnung im 18. Pariser Arrondissements schaut er rauchend seiner Katze zu, die es sich auf der Playstation bequem gemacht hat. „Weißt du, ich kenne nichts aufregenderes. Ich habe wirklich jedes Stück genossen. Es war wunderbar. Ich möchte nichts anderes mehr machen.“

Auf ein drittes Hören hin ist der Vorort-Pariser partout nicht mehr der gleiche, wie zu Beginn. Die 12 Stücke des Albums sind die Einladung auf eine sanfte Reise. Ein langer ruhiger Fluss, in dem das Kindliche des Songwriters irgendwann mit Referenzen wie den Beatles, Simon&Garfunkel oder Peter von Poehl verschwimmt. Auch "die Entdeckung Dylans war sehr wichtig für mich", sagt Captain Kid, "er half mir meine Texte ausdrucksstark zu gestalten. Nach ihm wusste ich, dass ich wirklich Musik machen wollte.“

Plötzlich Captain

Sébastien Sigault ist mit einem der größten Steuermänner des französischen Pop unterwegs: Julien Ribot. Zunächst waren sie Freunde. Mittlerweile hat Ribot an drei Vierteln des Opus mitgewirkt. Die Zusammenarbeit ist in Anbetracht von Ribots Ruf nicht unbedeutend. Es fragt sich jedoch, ob der 'psychedelische Intellektuelle' nicht komplett die Steuerung übernommen hat und den Captain auf die hinteren Plätze verwies. Sigault versichert, dass er der Captain geblieben sei: „Ich möchte meine Werke nicht zu intellektuell machen. Ich will entspannte Alben mit schönen Melodien und Arrangements. Und Emotionen sollen dabei sein. Ich will ganz einfach frei sein. Außerdem wünsche ich mir, dass es direkt Lust auf's Weiterhören macht. Ganz einfach weil es schön ist.“ Ich musste drei Mal reinhören. Aber man sagt ja: « a smooth sea has never made a skilled sailor ».

Illustrationen: ©Ivox-music' ©Facebook-Seite von Captain Kid. Videos : 'We and I' et "Not reliable" (cc)SavourySnacksRecords/YouTube

Story by

Matthieu Amaré

Je viens du sud de la France. J'aime les traditions. Mon père a été traumatisé par Séville 82 contre les Allemands au foot. J'ai du mal avec les Anglais au rugby. J'adore le jambon-beurre. Je n'ai jamais fait Erasmus. Autant vous dire que c'était mal barré. Et pourtant, je suis rédacteur en chef du meilleur magazine sur l'Europe du monde.

Translated from Captain Kid : « Parce que c’est joli »