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Oscar-Verleihung: Filmreifer Betrug

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Kultur

Im vergangenen Jahr hat die amerikanische Kinoindustrie über 500 Filme produziert. In der Oscar-Nacht am 22. Februar werden nicht nur die besten Filme ausgezeichnet.

Einige meinen, dass die Oscar-Verleihung den cineastischen Mittelwert zwischen Unterhaltungsfilmen und Qualitätsfilmen repräsentiert. Das stimmt aber nicht. Einerseits zeichnet die Akademie alle vier oder fünf Jahre die großen und teuren Filmproduktionen - wie Titanic, Gladiator oder Herr der Ringe - aus, die ganz offensichtlich keine hohe Qualität besitzen. Andererseits übergeht die Akademie regelmäßig die großen Leinwandtalente, die sich von den Titelseiten der Zeitschriften, glamourösen Cocktails und Armani-Anzügen abwenden.

Es bleibt unverständlich, dass Darren Aronofsky für The Wrestler nur eine Nominierung (Mickey Rourke, Bester Darsteller) erhalten hat, oder, dass die Coen-Brüder für einen ihrer besten Filme überhaupt (Burn after Reading- Wer verbrennt sich hier die Finger?) gar nicht nominiert wurden. Der Grund: Im vergangenem Jahr haben sie fünf goldene Statuetten abgesahnt (übrigens, für einen mittelmäßigen Film - No Country for Old Men). Jetzt müssen sie wahrscheinlich die nächsten 15 Jahre auf eine weitere Auszeichnung warten. Auch Alex Holdridge hat für seinen ergreifenden Film In search of a midnight kiss nicht ein Wort des Lobes erhalten.

Illustration: ©Gianluca Constantini

Die Träumerei eines Kindes

Welche geheimen Mächte lassen uns dann erwartungsvoll auf die Verleihung eines Preises warten, dessen Gewinner wir ohnehin schon kennen? Und warum strömen wir in Herden zu den Filmvorführungen der prämierten Filme, wenn wir uns bereits im Jahr davor hatten täuschen und enttäuschen lassen?

Die Lösung ist in drei Aspekten zu finden: Zunächst liegt das Geheimnis in der meisterhaften Marketingstrategie der Nordamerikaner. Die 13 Nominierungen für Der seltsame Fall des Benjamin Button (Curious case of Benjamin Button) und die Art und Weise, wie der Film vermarktet wurde, machen den Pitt-Streifen unumgänglich. Man könnte fast glauben, dass man, wenn man sich den Film nicht ansieht, einen transzendentalen Moment in der Menschheitsgeschichte verpassen wird. Und dann stellt man aber erneut fest, dass dieser Moment weder außergewöhnlich noch unverzichtbar war.

Als zweites, ist der Überraschungsfaktor zu nennen, auch wenn die Gewinner nur selten wirklich überraschend sind. Was uns tatsächlich interessiert, ist zu erfahren, ob nun Tom Cruise oder Johnny Depp der „Bessere“ ist. So wie damals, als wir Kinder waren und wir uns fragten, ob nun Superman oder Batman der bessere Held sei. Auch sind wir versessen darauf zu wissen, ob nun Penélope Cruz oder Angelina Jolie das schönste Abendkleid tragen wird.

Der letzte entscheidende Faktor ist mitzuerleben, wie George Clooney und Scarlett Johansson zu ganz normalen menschlichen Wesen werden, bei der Gala über Treppenstufen stolpern, miserable Reden halten und dass sie auch im echten Leben beim Erhalt eines Preises weinen können, wie jeder Normalsterbliche. Diese Menschlichkeit, die wir da miterleben dürfen, lässt uns ganz fest daran glauben, dass auch wir dort stehen könnten. Sanfte Streicheleinheiten für unser Ego.

Goldene Himbeeren

Aber es ist nicht alles schlecht in Yankee-Land. Es gibt ein paar wenige, zumindest ehrliche Preise: Der so genannte 'Razzies' (Goldene Himbeere), der eine Nacht vor den Oscar-Verleihungen die schlechtesten Filme, Schauspieler und Regisseure auszeichnet. Adam Sandler oder Jessica Alba sind zwei der am häufigsten nominierten Schauspieler. Die Stars wohnen der Gala gewöhnlich nicht bei. Auch wenn es einige ehrbare Ausnahmen, unter ihnen Bill Cosby, Tom Green oder Halle Berry, gibt. Die Afroamerikanerin bewies Humor und nahm ihren 'Razzies' für die schlechteste schauspielerische Leistung in Monster’s Ball mit einer Oscar-Statuette in der Hand entgegen. Mit dem Oscar wurde sie ein Jahr zuvor als Beste Schauspielerin geehrt.

Was das europäische Kino angeht: Es hat sich von all diesen Promotion-Strategien anstecken lassen. In Anbetracht der dekadenten Situation der europäischen Filmindustrie, bei der es hauptsächlich um Wirtschaftlichkeit und nicht um Kreativität geht und der Monopolstellung der Yankee-Filme auf unseren Bildschirmen, haben unsere Filmemacher begonnen, die Formel der amerikanischen Galas nachzuahmen.

Aber meistens sind die europäischen Galas nur billige Kopien, ohne eigenen Charakter, die einem die Schamröte ins Gesicht treiben. Auch wenn wir Europäer das Kino und die Amerikaner das Entertainment erfunden haben, dürfen wir nicht übersehen, dass auch unser Kino sich zunehmend zum Entertainment entwickelt und sich indes immer weiter von dem entfernt, was es am Anfang war - die Siebte Kunst.

Translated from Los Oscars: un engaño de película