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NSA: Der globale Lauschangriff

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In der Späh-Affäre bemühen sich Paris und Berlin um bilaterale No-Spy-Abkommen mit den USA. Europa muss die USA jetzt unter Druck setzen, fordern einige Kommentatoren. Andere bemerken, dass die europäischen Politiker die Bespitzelung im Anti-Terror-Kampf einst selbst gebilligt haben. 

Der Spiegel: Ein eindrucksvoller Schritt wäre Asyl für Edward Snowden; Deutschland

Von einem No-Spy-Abkommen mit den USA hält das Nachrichtenmagazin Der Spiegel nichts, vielmehr sollten Deutschland und Europa die USA nun ernsthaft unter Druck setzen: "Wenn ein Kleiner von einem Großen gedemütigt wird, sollte der Kleine den Großen nicht darum bitten, dass der Große mit den Demütigungen aufhören möge. Terroristen haben gegen die USA etwas in der Hand. Iran hat etwas in der Hand, Iran kann Israel gefährden. China hat etwas in der Hand, China hütet Devisenschätze. Europa hingegen ist lieb, harmlos, Europa traut sich nicht. [...] Echte Schritte bestünden in der Schaffung einer Freihandelszone mit Russland oder China oder mit Mercosur, der südamerikanischen Zollunion, oder auch in Zöllen auf US-Exporte. [...] Und ein eindrucksvoller, nämlich riskanter und selbstbewusster Schritt wäre Asyl für Edward Snowden. [...] Ein solches Asyl würde für die USA die Gefahr weiterer Enttarnung bedeuten, und genau um dieses Druckmittel geht es." (04.11.2013)  

Delo: Terroristen waren nur Nebensache; Slowenien

Mit ihrer zur Schau getragenen Empörung in der NSA-Affäre vertuschen Europas Regierungsvertreter, dass sie selbst die Spitzelei erlaubt haben, meint die linksliberale Tageszeitung Delo: "Der bittere Zorn von Europas Politikern auf die Amerikaner ist eine widerliche Heuchelei und legt nur ihre eigene Blauäugigkeit offen. Schließlich haben Europas Politiker das Abhören ihrer Bürger - und somit auch das Abhören ihrer selbst - im Namen des sogenannten Kampfes gegen den Terror erlaubt. Doch die Terroristen sind eigentlich nur eine Ausrede für totale Kontrolle. Snowden schließlich hat aufgedeckt, dass die Amerikaner auch Teilnehmer wichtiger Wirtschaftsforen, Vertreter von Ölgesellschaften, Energieminister und sogar Spitzenpolitiker befreundeter Regierungen abhörten. [...] Die Terroristen waren in dieser Geschichte nur die Nebensache." (04.11.2013)  

Svenska Dagbladet: Schwâchung der demokratischen Gesellschaft; Schweden

Schwedens Außenminister Carl Bildt hat zur Überwachung von Spitzenpolitikern durch den US-Geheimdienst gesagt, er überlege sich genau, wie er über das Handy kommuniziere. Diese Einstellung ist höchst bedenklich, warnt die konservative Tageszeitung Svenska Dagbladet: "Wenn die Bürger, um ihre Korrespondenz zu schützen und ihre Privatsphäre zu wahren, die gleichen Vorsichtsmaßnahmen befolgen, die Bildt Politikern verordnet, wird dies die demokratische Gesellschaft schwächen. Die Bürger werden dann weniger geneigt sein, Kritik an der Gesellschaft zu äußern, potentiell strittige Ansichten und konträre Meinungen zu vertreten oder auch in Organisationen mitzuwirken, deren Werte nicht dem politischen Mainstream entsprechen. Doch genau diese Aktivitäten sind für eine vitale Demokratie von zentraler Bedeutung." (04.11.2013

Corriere della Sera: Kommunismus niedergegangen, weil Volk sich gegenseitig bespitzelte; Italien

Bespitzelung ist der Tod der Gesellschaft - dieser Ausspruch Václav Havels sollte dem Westen eine Mahnung sein, fordert der Schriftsteller Claudio Magris in der liberal-konservativen Tageszeitung Corriere della Sera: "Aus einem kommunistischen Gefängnis in Prag schrieb Havel, dass die Ereignisse in den damaligen Ostblockländern auch ein Memento für den Westen seien, weil sie letzterem sein latentes Schicksal vor Augen führten. […] Hoffen wir, dass der unerschrockene Freiheitskämpfer sich geirrt hat, und dass der Westen dem Osten nicht im freien Fall folgt. […] Denn wenn die kommunistischen Regime zugrunde gegangen sind, lag dies nicht nur aber auch daran, dass die Hälfte der Bürger damit beschäftigt war, die andere Hälfte zu bespitzeln und über die meist nichtigen Ergebnisse dieser Lauschangriffe minutiös und umständlich zu referieren. Doch wenn man das Feld nicht bestellt, die Kühe nicht melkt und die Züge nicht abfertigt, erreichen weder Brot noch Milch noch andere Waren die Geschäfte, die Häuser und die Mägen der Menschen." (03.11.2013)  

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