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Nordlichter: Norwegens Trolle und Wahrsager 

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Da sind wir wieder! Zurück auf unserer Reise durch den Norden, zu Trollen, verwunschenen Orten und verborgenen Wesen. Nachdem unser Schiff Island und Dänemark besucht hat, erreicht es nun das Land der Fjorde. Willkommen in Norwegen und Teil drei unserer Serie zum Aberglauben im Norden von Europa.

Alter Glaube gegen christlichen Aberglauben

Jeden skandinavischen Winter dasselbe: die pure Dunkelheit! Es gilt: je höher, desto dunkler. Im hohen Norden Norwegens liegt dünnbesiedelt und abgelegen die zerklüftete Finnmark. Im Winter kann man hier vergeblich auf ein wenig Sonnenschein hoffen. Selbst der Sonne sind die Winter hier zu hart. Und so reist sie im Herbst aus dem Land der Sámi, den Ureinwohnern Nordskandinaviens, und kehrt erst im Frühjahr wieder. Dieser Tatsache haben heute viele Bewohner der Region eine kräftige Winterdepression zu verdanken, gegen die man sich heute mit greller Beleuchtungstechnik in Cafés und Wohnungen zu schützen versucht. Doch ohne die elektrische Erleuchtung ist es so dunkel, wie es über Jahrhunderte in der Finnmark war.

Die Region war umkämpft und als Handelsplatz von Dänen, Schweden und Russen begehrt. Letztlich gewannen die Dänen und läuteten im 17. Jahrhundert das dunkelste Kapitel in der Geschichte der sámischen Finnmark ein. Die strengen Protestanten Dänemark-Norwegens waren geschockt von den ekstatischen Ritualen der Noajden, der Sámi-Schamanen, und führten gleich die innovativste Erfindung der Kirche in der Finnmark ein: die Inquisition. Man fürchtete „Armeen des Teufels“, die in der Region ihr Unwesen trieben, und bezichtigte sich untereinander als Hexen und Teufelsbeschwörer. Der ganze Aberglaube gipfelte im grausamsten Hexenwahn, den der Norden jemals erlebt hatte. Die Festung Vardøhus stellt da einen traurigen Höhepunkt dar, hier wurden Männer, Frauen und letztlich sogar Kinder angeklagt, gefoltert und verbrannt.

Die sámische Kultur konnte es aber nicht zerstören, sie überlebte die Wirren der norwegischen Geschichte bis heute. Auch wenn nun nur noch Fragmente ihrer Rituale erhalten sind, so gibt es heute wieder einige Noajden, die die ekstatischen Naturrituale und Opferzeremonien neubeleben wollen.

Unheil aus der Tierwelt

Weniger die Sámi, als die alten Wikinger, prägten den norwegischen Aberglauben. So riet man schwangeren Frauen, es zu vermeiden, Hasen direkt anzuschauen. Man befürchtete, dass sich die sogenannte Hasenscharte, eine Kieferverformung, auf das ungeborene Kind übertragen könnte. Aber nicht nur Hasen zählten zu den weniger beliebten Tieren. Besonders Seerobben mussten sich ein düsteres Image bei den Wikingern gefallen lassen. So galten die Tiere als unheilige Todesbringer, die den Seeleuten zutiefst verhasst waren. Wer mit den Robben ausfuhr, der segelte dem Tod entgegen! Doch in solchen Fällen benötigt man Glücksbringer, in Norwegen waren es Trolle. Heute sind diese kleinen und wüst behaarten Wesen vornehmlich in der Tourismusbranche tätig und "begrüßen" Besucher vor Hotels, Museen und (Souvenir-) Läden.

Von Horoskopen und Parlamentariern

Doch auch im 21. Jahrhundert gibt es Menschen in Norwegen, die sich gern in die Hände des eigenen Aberglauben begeben, sogar Menschen, die ihre verantwortungsvolle Position nicht unbedingt an Kartenleger und Kristallkugeln binden sollten. 2008 flog allerdings genau so ein Fall in den Mauern des Stortings, des norwegischen Parlaments, auf. Die Sozialdemokratin Sarah Khaen hatte über Jahre hinweg mit ihrem Abgeordnetentelefon mehrere Zehntausend Euro bei Wahrsager-Hotlines vertelefoniert. Das Kuriose an der Sache: zum Schluss baten sie selbst die Wahrsagerinnen, ihre Anrufe einzustellen. Ein Rücktritt kam allerdings nicht in Frage. 2009 trat Khaen jedoch nicht mehr für ein neues Mandat an.

Lest auch Teil 1 und Teil2 unserer cafébabel-Serie zum Aberglauben im Norden.

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