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Konsumenten aus ganz Europa, vereinigt euch

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In Zeiten des gemeinsamen Marktes und der freien Konkurrenz ist eine transnationale Verbraucherschutzorganisation von grundlegender Bedeutung. Und der EU kommt die Aufgabe der Harmonisierung zu.

„Konsumenten aller Länder, vereinigt euch!“ Vielleicht hätte Marx sein Manifest mit diesem Schlusssatz beendet, wenn er es nicht 1874, sondern in den heutigen Tagen geschrieben hätte. So wie in der ersten Industrialisierungsphase des 19. Jh. für die Arbeiter die Arbeiterrechte eine Priorität waren, so sind es für die heutigen Bürger die Konsumentenrechte. Denn mit der Erweiterung der Möglichkeiten in der Alltagsrealität wächst auch die Bandbreite der Individualrechte.

Von der Industrialisierung zum elektronischen Handel

Das Proletariat ist die eigentliche treibende Kraft der zweiten industriellen Revolution gewesen: die Arbeiter waren es, die den Aufstieg der Industrie erst ermöglicht haben, die zum Entstehen der Metropolen entscheidend beigetragen und die durch ihren Kampf für die eigenen Rechte die soziokulturellen Veränderungen eingeleitet haben.

Und heute? Im neuen Jahrtausend ist die Situation eine ganz andere: der Konsum — in größerem Maße von Dienstleistungen als von Waren — ist der eigentliche Motor. Der tertiäre Sektor hat die Führungsrolle übernommen: Als treibende Kraft ist er einer seit mehr als zwanzig Jahren fast überall krisengeschüttelten Industrie überlegen, und aus dem Alltag ist er nicht wegzudenken. Wir leben im Zeitalter der Globalisierung: Einem Italiener kann es passieren, dass er während seines Urlaubs in Spanien eine japanische Digitalkamera kauft, einem Deutschen, dass er in Aktien eines amerikanischen multinationalen Konzerns investiert, der in China produziert, oder einem in Schweden arbeitenden Engländer, dass er mit seiner Kreditkarte ein Flugticket einer deutschen Fluglinie ersteht. Und an diesem Punkt fangen auch oft die Probleme an.

Deutsch-französische Vorhut

Einiges tut sich in dieser Richtung schon seit ein paar Jahren. Und dank der EU-Unterstützung gibt es bereits in jedem EU-Land eine Anlaufstelle oder eine Konsumentenvereinigung, an die sich die Bürger mit Fragen richten können, die nicht unbedingt mit dem eigenen Staatsgebiet zu tun haben. Besonders erwähnenswert ist in dieser Hinsicht das europäische Verbraucherzentrum in Kehl, ein deutsch-französischer Verein, der sich seit 1993 darum bemüht, die Konsumenten zu informieren und zu beraten, und der auch konkrete Hilfestellung bei transnationalen Rechtsverfahren anbietet. Seit seiner Gründung sind bis heute mehr als 75000 Anfragen bearbeitet worden. Aber womit genau beschäftigt sich so ein Zentrum? Die Einrichtung „will ein Verbraucherbewusstsein für die transnationale Problematik schaffen, und auch deshalb leiten wir regelmäßig Berichte über die Anwendung des EU-Konsumentenschutzrechts und Statistiken über die aktuelle Situation weiter“, erklärt Christian Tirou, Rechtsexperte vom Verein Euro-Info-Verbraucher, der das europäische Verbraucherzentrum trägt.

Diese Art von Zentren sind notwendig, weil die nationalen Organisationen den heutigen Bedürfnissen nicht gerecht werden können. Tirou erklärt: „Die Mobilität der europäischen Bürger, die Öffnung der Grenzen und die immer härtere Konkurrenz bringen es mit sich, dass Fragen des Verbraucherschutzes nur durch einen internationaleren Ansatz in den Griff zu bekommen sind.“ Dementsprechend gibt das Zentrum Broschüren und Ratgeber heraus, für alle, die ein Haus im Ausland kaufen oder jenseits der Heimat ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen wollen, aber auch für solche, die etwa nach dem Kauf eines wegen Überbuchung unbenutzbaren Flugtickets bei einer ausländischen Fluggesellschaft oder nach dem Auftreten eines Defekts an einem noch unter Garantie stehenden elektronischen Gerät Klage erheben oder Rückerstattung fordern wollen. Es ist in der Tat nicht leicht, sich zwischen nationalen und europäischen Richtlinien, unterschiedlichen Verfahren und Sprachen zu Recht zu finden.

Im Dschungel der Richtlinien

Und welche Rolle spielt dabei die EU? Wenn die Kommission an den europäischen Verbraucherschutzzentren mit Zuschüssen beteiligt ist und das Parlament für Richtlinien und Gesetze sorgt, so kann man sagen, dass „der EU die Aufgabe der Harmonisierung zukommt, sei es was die Funktionsweise der verschiedenen nationalen Zentren anlangt, seien es die Bedingungen, die der Bürger und Konsument als Handlungsrahmen vorfindet“, wie Herr Tirou ausführt.

Kurz und gut, eine internationale Maschinerie hat sich in Gang gesetzt, um die Rechte der Konsumenten zu verteidigen. Viel ist in den letzten zehn Jahren schon gemacht worden, aber viel bleibt noch zu tun. Aber in welchen Bereichen sind die europäischen Konsumenten besser geschützt als in anderen? Auch hier gibt Tirou Antwort: „Zur Zeit gibt es bereits sehr gute Ergebnisse bei transnationalen Finanzgeschäften: die Spesenverrechnung ist ausgeglichener und die Konditionen sind durchschaubarer geworden. Am heikelsten ist nach wie vor die Lage auf dem Gebiet der Rechtsverfahren: Sie sind immer noch zu komplex und meistens auch zu langsam. Ein weiterer kritischer Sektor ist der elektronische Handel: zu seiner Regulierung gibt es noch keine ausreichenden Normen, aber aufgrund seines immer größeren Erfolgs rückt er immer mehr ins Zentrum des Interesses jener, die sich mit der Ausarbeitung von Regelwerken und Verfahren zum Schutz der Konsumentenrechte befassen.“

Jedenfalls werden der Hürdenwald und der Regeldschungel, mit denen sich die Konsumenten herumschlagen müssen, durch das Anwachsen des Marktes und durch ständig neue Facetten der Wirtschaft immer dichter. Konsumentenschutz auf transnationaler Ebene ist genauso wichtig wie es für die Marxisten des 19. Jh. wichtig war, die Rechte des Proletariats auf internationaler Basis durchzusetzen.

Translated from Consumatori di tutta Europa, unitevi