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Kleine Schritte in der Causa Serbien/Kosovo

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Politik

Die EU-Kommission hat den Mitgliedsstaaten am Montag empfohlen, mit Serbien Verhandlungen über einen EU-Beitritt zu beginnen. Das Land hatte sich am Freitag mit dem Kosovo über den Status der serbischen Minderheit im Norden des Kosovo verständigt. Kommentatoren schreiben die Einigung der Streithähne dem diplomatischen Geschick Brüssels zu, warnen aber vor überstürzten Beitrittsverhandlungen.

Delo: Nicht möglich gewesen, hätten Brüssel, Berlin und Washington Belgrad nicht in die Enge gedrängt; Slowenien

Das Abkommen zwischen Serbien und dem Kosovo wäre nach Meinung der linksliberalen Tageszeitung Delo "nicht möglich gewesen, wenn Brüssel und Washington nicht Druck auf Priština ausgeübt hätten, das bislang eine fast bedingungslose Unterstützung genossen hatte. Da es nun mit dieser großen Unterstützung für Priština vorbei ist, sind die Führenden im Kosovo nun zum ersten Mal dazu gezwungen, alle Kraft aufzubringen, um auf die serbische Gemeinde im Norden Kosovos zuzugehen. Doch das Abkommen zwischen Serbien und dem Kosovo wäre ins Wasser gefallen, wenn Serbiens EU-Beitritt für die Regierungskoalition des Landes nicht oberste Priorität hätte. [...] Und wenn Brüssel, Berlin und Washington ihrerseits Belgrad nicht in die Enge gedrängt und es nicht mit der Empfehlung der EU-Kommission belohnt hätten, Beitrittsverhandlungen mit Serbien zu beginnen." (23.04.2013

De Standaard: Kriege in Ex-Jugoslawien entlarvten EU als diplomatischen Zwerg; Belgien

Serbien und Kosovo haben am Freitag ein Grundsatzabkommen unterschrieben, mit dem sie ihre Beziehungen normalisieren wollen. Dieses Abkommen ist das Verdienst der EU, lobt die liberale Tageszeitung De Standaard: "Zwanzig Jahre nachdem die Kriege in Ex-Jugoslawien die Europäische Union als einen diplomatischen Zwerg entlarvten, gelang es Brüssel gemeinsam mit der Nato, die Region zu stabilisieren. Wer die Geschichte des 20. Jahrhunderts kennt, weiß, dass das kein kleiner Verdienst ist. Unter anderem dafür bekam die EU im vergangenen Jahr den Friedensnobelpreis. [...] Doch auch hier kommt die Ökonomie ins Spiel. Kann die EU es verkraften, eine Reihe armer Balkanstaaten aufzunehmen? Wie groß ist die Zustimmung der europäischen Bevölkerung? Und welche Zukunft kann sie den Bürgern dieser Länder bieten, wenn es ihr nicht gelingt, die Finanzkrise zu lösen? In der internationalen Politik gibt es ein ehernes Gesetz: Sanfte Gewalt kann nur dann wirksam und dauerhaft sein, wenn sie mit wirtschaftlicher Macht verknüpft ist." (23.04.2013)

Süddeutsche Zeitung: Hart bleiben in der Causa Serbien/Kosovo; Deutschland

Kosovo: Jäger der verschollenen Knochen

Die EU sollte Serbien nicht vorschnell Beitrittsgespräche anbieten, sondern erst einmal die Umsetzung des Abkommens zwischen Kosovo und Serbien abwarten, warnt die linksliberale Süddeutsche Zeitung: "In den zurückliegenden Jahren hat die EU bei der Erweiterung die bittere Erfahrung machen müssen, dass manche Versprechen von Möchtegern-Europäern nicht mehr viel wert waren, nachdem sie die von Brüssel ausgelobte Belohnung für ihre Zugeständnisse kassiert hatten. Rumänien und Bulgarien haben da einige Beispiele geliefert. Es ist gut, dass Belgrad und Pristina nun ein gemeinsames Papier abgezeichnet haben. [...] Ob es wert ist, mit einem Termin für Beitrittsgespräche belohnt zu werden, kann erst dann entschieden werden, wenn es die Strukturen in Nordkosovo nachhaltig und nachprüfbar verändert. [...] In der Causa Serbien/Kosovo hart zu bleiben, ist aber nicht nur um des Friedens zwischen diesen beiden Ländern willen nötig. Sondern auch mit Blick auf die weiteren, schweren Aufgaben, die der Balkan noch für die EU bereithält." (23.04.2013)

Die Presse: Integrieren statt in neue nationalistische Selbstfindungsprozesse stürzen; Österreich

Trotz der schlechten Erfahrungen mit Bulgarien und Rumänien ist ein Beitritt Serbiens der richtige Weg, meint die liberal-konservative Tageszeitung Die Presse: "Die Aufnahme Serbiens - auch wenn sie erst in zehn Jahren erfolgen kann - ist logischer, als dieses Land gemeinsam mit seinen Nachbarländern [...] für immer zu isolieren und in neue nationalistische Selbstfindungsprozesse zu treiben. Selbst jene Vorbehalte, die derzeit zu Recht geäußert werden, können dadurch umgekehrt werden. So machen es erst Beitrittsverhandlungen mit Schlüsselländern wie Serbien möglich, der organisierten Kriminalität, der Korruption, dem Schlepperwesen auf dem Westbalkan einen Riegel vorzuschieben. Die EU-Bevölkerung, die eine solche Erweiterung mittragen muss, hat gerade in diesen Unzeiten der Erweiterung ein Recht darauf, dass diesmal mit aller Konsequenz und Härte verhandelt wird - kompromisslos im Sinne der gemeinsamen Wirtschaft, aber auch im Sinne der individuellen Sicherheit." (23.04.2013

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Illustrationen: Teaser (cc)tamo neki/flickr

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