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Kampf für das Leben danach

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Gefängnisse, deren man sich schämen sollte, Insassen ohne Rechte. Der französische Studentenverband Génepi engagiert sich für Bildung hinter Gittern.

Clémence Patureau ist eine Studentin wie jede andere. Vielleicht nicht ganz: Seit 2004 ist sie Vorsitzende von Génepi, einem nationalen Studentenverband zur Weiterbildung von Gefängnisinsassen ("Groupement étudiant national d’enseignement aux personnes incarcérées"). Der Verband, der 1976 und somit zwei Jahre nach den Unruhen in französischen Gefängnissen gegründet wurde, hat es sich zur Aufgabe gemacht, die soziale Wiedereingliederung Inhaftierter zu fördern. Er bietet Nachhilfekurse von Studenten, sowie diverse kulturelle Aktivitäten in Gefängnissen an.

Frau Patureau, was ist die Besonderheit eines Verbandes wie Génepi?

Génepi ist einer der größten Studentenverbände Frankreichs, eigentlich der größte Gefängnisverband überhaupt. Unser Verband arbeitet landesweit und zählt insgesamt 1200 freiwillige Mitarbeiter, darunter 13 Volontäre, die in Vollzeit beschäftigt sind. Wir sind in fast 80 Strafanstalten tätig.

Unser Ziel ist es, eine Verbindung zwischen den Vereinen vor Ort herzustellen. Dazu zählen der Verein der Gefängnisbesucher ("Association des visiteurs de prison") und politisch aktive Vereine wie die Internationale Gefängnisaufsischtsbehörde OIP ("Observatoire international des prisons"), die informieren und Lobbyarbeit betreiben. Eine weitere Besonderheit: Génepi wird ausschließlich von Studenten gefüht.

Gibt es in anderen Ländern Europas ähnliche Initiativen?

Es gibt weitere studentische Vereine, die in Gefängnissen anderer Länder tätig sind. Die russische Stiftung Uventa beschäftigt Studenten, die Gefängnisinsassen in Philosophie und Psychologie unterrichten. In Norditalien betreibt ein Verein in Haftanstalten philosophische Cafés, in denen Häftlinge und Studenten regelmäßig gemeinsam debattieren. Es gibt sehr viele lokale Initiativen in Europa, doch keinen Verein mit der Tragweite von Génepi.

Die strafrechtlichen Bestimmungen wurden im Januar 2006 einstimmig von den 46 Mitgliedsstaaten des Europarats angenommen. Stellen Sie in ihrer täglichen Arbeit fest, dass diese Bestimmungen verletzt werden?

Tatsächlich sind die neuen Regelungen viel anspruchsvoller als die europäischen Regeln, die seit 1987 galten. Das Ziel der Neuerungen ist eine klare Flucht nach vorn. Doch kann man diese kaum einhalten. Fehlende finanzielle Mittel sollten zum Beispiel die Verletzung der Menschenrechte nicht rechtfertigen dürfen.

Anstatt zu sagen, dass Menschen mit eingeschränkten Freiheiten gar keine Rechte mehr besitzen, kehrt der Europarat dieses Prinzip um. Die Inhaftierten sollten alle Rechte besitzen, es sei denn, diese müssen im Gefängnis eingeschränkt werden. Dies ist etwas bei dem Recht, sich frei zu bewegen, der Fall.

Geht man in Frankreich anders mit der Situation in Gefängnissen um als in anderen Ländern?

Ganz und gar nicht. Frankreich ist im Vergleich zu den anderen Mitgliedsländern des Europarats nicht gerade ein Paradebeispiel. Andererseits fährt es eine ähnlich harte Gefängnislinie wie die anderen europäischen Staaten: enorme Haftstrafen, überfüllte Gefängnisse und unzureichend alternative Strafen.

Der einzige Unterschied ist, dass man in Frankreich versucht die Gefängnisse zu verstecken. Die Leute fühlen sich nicht betroffen. Sie verschließen die Augen vor dem, was hinter Gittern passiert. Und die Gefängnisbehörden versuchen zu vertuschen, wofür sie sich schämen. Nicht wie in Schweden, wo die Gefängnisbehörden grundsätzlich und ohne Angst vor Konsequenzen mit allen internen Vorkommnissen an die Öffentlichkeit gehen.

Translated from « Les gens ne veulent pas voir ce qui se passe dans les prisons »