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„Grenzkontrollen lösen das Problem nicht!“

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Berlin

von Tobias Sauer Martin Meiske, 24, ist Vorstandsmitglied der Jungen Europäischen Bewegung (JEB) in Berlin-Brandenburg, einem Landesverband der Jungen Europäischen Föderalisten (JEF) Deutschlands. Am 17. Juni 2011 nahm er an einer Demonstration an der deutsch-dänischen Grenze teil, die sich gegen die geplante Wiedereinführung permanenter Grenzkontrollen richtete.

Im Interview mit Café Babel Berlin sprach er über Reisefreiheit als europäische Errungenschaft, Spaß am europapolitischen Engagement und mehr Integration als Alternative zu nationalen Abschottungsversuchen.

Was fordert Ihr, was kritisiert Ihr an den Plänen der dänischen Regierung?

Einerseits widerspricht die Wiedereinführung von permanenten Grenzkontrollen dem Schengen-Abkommen. Anderseits wollen die rechtspopulistischen Parteien in Dänemark nach der Osterweiterung und der Grenzöffnungen mit dem Ziel der vollkommenen Freizügigkeit ein Zeichen gegen Osteuropa setzen. Wer permanente Grenzkontrollen mit dem Hinweis auf „Kriminelle aus Osteuropa“ fordert, wie Pia Kjærsgaard von der Dänischen Volkspartei das macht, setzt natürlich ein vollkommen falsches Signal.

Wenn die Kriminalität in Dänemark steigt, warum sollte die dänische Regierung nicht sagen: Wir schützen unsere Bürger?

Wenn man sich die Statistiken anschaut und feststellt, dass Kriminalität steigt, muss man natürlich reagieren. Es geht hier um organisierte Kriminalität, die grenzüberschreitend und international operiert. Da ist eine internationale Zusammenarbeit erforderlich und keine Abschottung. Wir müssen uns gegenseitig helfen, beraten und das Problem gemeinsam analysieren, anstatt dicht zu machen.

Was wäre die Alternative zum Zollhäuschen?

Mein konkreter Vorschlag wäre, dass man internationale Banden mehr durch internationale Polizeiarbeit und Erfahrungsaustausch bekämpft.

Ihr seid von Berlin aus zu der Demonstration gefahren. Warum?

Wir sind Teil eines Netzwerkes, das nicht nur deutschlandweit sondern europaweit aktiv ist. Wir verstehen uns als Forum für Jugendliche, die sich für Europapolitik interessieren und die europapolitische Projekte machen wollen. Deshalb sind wir aufgesprungen und haben uns an der JEF-Aktion, die der Dachverband und der Verband in Schleswig-Holstein angestoßen haben, beteiligt.

Warum hat die JEF nicht nur an der deutsch-dänischen Grenze demonstriert, sondern auch an der deutsch-französischen Grenze in Kehl und in Schengen?

Das Problem der Grenzkontrollen geht über Dänemark hinaus: Zum einen haben Italien und Frankreich angeregt, die Schengen-Kontrollen angesichts der Flüchtlingsflut aus Nordafrika zu verschärfen. Damit kam das Thema aufs Tableau. In diese Richtung stießen die Rechtspopulisten aus Dänemark mit dem Problem der sogenannten „Ostkriminalität“. Beide Male ist Schengen als ein Grundwert unseres europäischen Selbstverständnisses hinterfragt worden. Schengen ist das Symbol für Grenzfreiheit und deswegen war es logisch, dort eine Aktion zu machen. Gerade die Jüngeren haben oft Freunde in mehreren Ländern, ob nun bei Facebook oder durch Erasmus oder andere Austauschprogramme; sie haben Reisen als Selbstverständlichkeit kennen gelernt. Diese Selbstverständlichkeit wurde durch die Frage der Grenzkontrollen berührt.

Hältst du solche Demonstrationen für ein gutes Mittel, um Euer Anliegen durchzusetzen?

Ich finde es gut, wenn bei europäischen Themen viele gesellschaftliche Akteure, ob die nun parteipolitischer oder zivilgesellschaftlicher Art sind, ins Boot zu holen, so dass man die Ideen breit streuen kann. Wir können nicht alleine die gesamte Gesellschaft europapolitisch bilden, dafür braucht man Multiplikatoren oder Entscheidungsträger, das ist gar keine Frage. Die neue ungarische Verfassung oder das Minarett-Verbot in der Schweiz sind auch wichtige europäische Themen, aber man sieht: Das Mobilisierungspotential, auch bei den Jugendparteien, ist dann groß, wenn es wirklich die deutschen Grenzen vor der eigenen Haustür betrifft.

Wie ist Deiner Ansicht nach die Aktion an der dänischen Grenze gelaufen?

Ich war zufrieden, weil viele Jugendliche unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher Herkunft zu einem europäischen Thema zusammengekommen sind. Das heißt, dass wir auch aus unseren europabezogenen Kreisen heraus gekommen sind. Überdies war ich auch für die JEB und die ganze JEF zufrieden. Wir haben eine gute Presse bekommen, wir konnten das Thema in die Öffentlichkeit tragen und vor allem, und das ist für einen Jugendverband ganz wichtig, es hat Spaß gemacht!

Foto: Tobias Sauer