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EU-Russland: Die Räder der Diplomatie ölen

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Default profile picture roberto foa

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Default profile picture patricia krolik

Politik

Am 24. November treffen sich Vertreter der Europäischen Union und Russlands in Helsinki. Ganz oben auf der Tagesordnung stehen Energiefragen.

Die Europäische Union importiert derzeit 30 Prozent ihres Ölbedarfs und 44 Prozent ihres Gases aus Russland. Seit das russische Erdgasförderungsunternehmen Gazprom die Ukraine Anfang des Jahres von der Gaszufuhr abgeschnitten hatte, werden Sorgen laut, dass Russland mit seiner Vormachtstellung im Energiesektor auch die Europäische Union einschüchtern könnte. Während des Treffens zwischen Vertretern der EU und Russlands am 24. November in Helsinki wird es wieder um Energiediplomatie gehen. Sollte sich Europa langfristig nach anderen Energiepartnern umsehen?

Russland ist von Europa abhängig

Insgesamt wird wohl die Abhängigkeit von Russland und die Bedrohung der europäischen Interessen überschätzt. Die Ukraine erhält von Russland Energie zu subventionierten Preisen. Die Europäische Union hat hingegen keine solchen Privilegien. Ihre Aufträge sind teuer. Sie stellen über die Hälfte der russischen Exporteinnahmen dar. Russland ist stärker vom europäischen Markt abhängig als umgekehrt: Fast zwei Drittel des Öl- und Gasexportes gehen an die westlichen Mitgliedstaaten der Union. Eine europäische Entscheidung die Importe zu drosseln, würde die russischen Finanzen und Ausgaben durcheinander bringen.

Europa hat die Freiheit, sich andere Energieanbieter zu suchen. Allerdings klingen die Alternativen nicht gerade verlockend: „Es ist unklar, ob die Hauptalternativen – Iran, Nigeria, Venezuela, Algerien und Lybien – stabiler, freundlicher und vertrauenswürdiger als Russland sind“, kommentierte ein kürzlich erschienener Bericht des Europäischen Politikzentrums. Für Russland jedoch wäre die Verlagerung ihrer Exporte nach China und in dieVereinigten Staaten mit hohen Risiken verbunden. Die Produktions- und Transportkosten sind hoch: Ein in Russland produzierter Barrel Rohöl kostet 12 bis 14 Dollar, im Nahen Osten wird die gleiche Menge für nur etwa eineinhalb Dollar produziert. Wenn Russland sein Öl nun auf dem Landweg nach China transportieren wollte, würde das den Preis noch einmal um 5 bis 7 Dollar anheben. Je billiger das Öl auf dem Weltmarkt zu haben ist, desto stärker ist Russland auf den europäischen Markt angewiesen.

Die EU zählt auf Putin

Trotz der intensiven Verhandlungen der EU bleibt der Eindruck, dass Europa von der russischen Energiediplomatie eingeschüchtert worden sei. Das wird besonders im Kontrast zur Haltung der USA deutlich. Mit spitzen Bemerkungen kritisierte US-Vize-Präsident Dick Cheney im Mai dieses Jahres in Litauen das Versagen Russlands in Sachen Menschenrechte und Meinungsfreiheit .

Die Realität jedoch ist vielschichtiger. „Es gibt in Wahrheit ganz andere Pläne“, erklärt Christian Haerpfer, Professor an der Universität von Aberdeen. „Europäische Politiker akzeptieren Putin als stabilisierende Macht in der russischen Politik. Sie trauen ihm zu, mit dem Problem der organisierten Kriminalität und des internationalen Terrorismus fertig zu werden.“

Die Union benötigt einen stabilen und kooperativen Staat an ihrer Grenze, weil sie sich zunehmend nach Osten orientiert. Putins Russland hat Stabilität und die Bereitschaft zur Zusammenarbeit bewiesen. Russland und die EU haben erfolgreich einen gemeinsamen Aktionsplan erarbeitet, der organisierte Kriminalität bekämpfen soll. Außerdem wollen sich die Partner um die Kooperation mit Ländern wie Moldawien und dem früheren Jugoslawien bemühen.

Europa hat es versäumt, die Putins Konsolidierung der Macht herausfordern. Europas Regierungschefs sehen die Unterdrückung der freien Presse und die Verhaftung liberaler Gegenspieler Putins wie Michail Chordorkowski mit Besorgnis. Sie sind überzeugt, dass Putins „gelenkte Demokratie“ die schlechteste Regierungsform für Russland ist – aber es sei eben die beste, die in Russland bisher versucht wurde.

Darüber hinaus wissen die Politiker Europas, dass jeder Außenstehende einschließlich der Union momentan nur wenig Einfluss auf die politische Entwicklung in Russland nehmen kann. Putin ist bei der russischen Bevölkerung sehr beliebt. Sein scharfes Vorgehen gegen oppositionelle Oligarchen wie Berezovsky und Chordorkowski haben dazu noch beigetragen. Putins zweite Amtszeit endet 2008. Dann muss er laut Verfassung sein Amt abgeben. Doch vielleicht ist mit ihm auch nach 2008 noch zu rechnen.

„Sein Nachfolger wird sicherlich ein ausgesuchter Getreuer sein. Und auch wenn Putin sich verfassungsrechtlich nicht für eine dritte Amtsperiode bewerben kann, könnte er sehr wohl 2012 wieder kandidieren“, meint Charles Clover, ehemalige Korrespondent der britischen Tageszeitung Financial Times in der Sowjetunion und Autor eines Buches über die konservative Ideologie im nachkommunistischen Russland.

Die EU kann ihren Einfluss auf Russland ausweiten

Sowohl Russland als auch die EU müssen sich aufeinander zubewegen. Europa hat schon jetzt größeren Einfluss auf Russland, als angenommen wird. Indem die Union in Zukunft ihre Energie aus unterschiedlichen Quellen schöpft und ihre Beziehungen zu den Transitstaaten verbessert, könnte sie diesen Einfluss noch weiter ausbauen. So wie Russland mit der EU zusammenarbeiten muss, muss Europa auch mit Russland zurechtkommen. Europa steht besser da als weithin angenommen.

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Translated from EU-Russia: oiling the wheels of diplomacy