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Erasmus in Madrid: Warten auf den Prof

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Anne Piez

Gesellschaft

„Studieren in Madrid stellt sich als schwieriger heraus als erwartet. Denn einer fehlt.“ Anna ist Erasmusstudentin in Madrid und berichtet im ersten Teil unserer Erasmus-Serie von ihrem studentischen Anfänger(un)glück.

„Ich glaube nicht, dass der Prof heute noch kommt“, erklärt Nina, Erasmus-Studentin aus Berlin und meine zukünftige Sitznachbarin an der Universidad Autónoma de Madrid. Hoch motiviert und ziemlich allein sitzen wir in der Uni und warten auf unseren Dozenten für den Literaturkurs. Doch er kommt nicht.

©AnnaAuch am darauf folgenden Tag lässt er sich nicht blicken. Dafür schauen einige „echte“ spanische ©AnnaStudenten vorbei und erklären uns das madrilenische Uni-System: „In der ersten Woche kommen viele Professoren nicht. Die Studenten können sich dafür untereinander besser kennen lernen“, erklärt uns eine spanische Studentin lächelnd. Gesagt getan. Nina und ich erobern ab diesem Zeitpunkt nicht nur den Campus, sondern auch die Nachtwelt gemeinsam. Und Madrid hat eine Menge fiesta zu bieten: In den ersten Wochen stürmen die rund 1000 Erasmus-Studenten der Universität Autónoma die Partyszene Madrids.

Bei leckeren Tapas und brüchigem Spanisch lernen sich hier Marie aus Straßburg, Fabio aus Italien und Katalina aus Polen kennen. Jeder hat spannende Geschichten über seine ersten Wochen zu erzählen und während die schüchterne Marie in der Gran Via, der Hauptstraße Madrids, wohnt, ist Katalina noch verzweifelt auf Wohnungssuche. Aber auch Marie ist nicht ganz zufrieden: „Meine Vermieterin und ihre Tochter wohnen auch in der Wohnung und sie streiten sich den ganzen Tag“, erklärt sie den Beiden. Katalina ist trotzdem neidisch. Sie wohnt knapp zwei Stunden von der Uni entfernt und würde viel dafür geben ein wenig zentraler zu wohnen. In spätestens vier Wochen will sie umziehen und bis dahin muss sie ein neues Zuhause gefunden haben. Eine Auberge espagnole in Madrid zu finden, ist jedoch nicht immer leicht.

Ihre Ansprüche sind dementsprechend auch gesunken: nur ein Fenster und Internet sollte ihr Zimmer haben. Auch mit einer hohen Miete habe sie sich bereits abgefunden. Doch heute Abend will sie sich darüber keine Gedanken machen. Das europäische Trio will sich nicht vom Feiern abbringen lassen und zieht weiter zur nächsten Bar.

Madrilenische Katerstimmung?

Campusleben Universidad Autónoma de MadridMadrid ist auch tagsüber lebendig. Während wir den Prado und Museum Thyssen für den offiziellen Eltern-Besuch aufsparen, geht es am Sonntagmorgen stets zum Rastro, dem riesigen Flohmarkt im Zentrum Madrids. Nachmittags wagen wir uns in den Teleferíco, eine Seilbahn, die über der spanischen Hauptstadt entlangschwebt.

Nur am nächsten Morgen warten wieder die Uni und die spanische Administration. Während wir in den Pausen auf dem Campus herumirren, um Kopierkarte, Erasmus-Nachweise und Studentenausweise zu besorgen, sitzen wir später wieder pünktlich im Vorlesungssaal und warten auf die Professoren.

Der Literaturprofessor kommt erst zur vierten Sitzung. Ausführlich erklärt er uns, welche Werke wir in den nächsten Monaten lesen müssten. Einige Erasmus-Studenten beginnen bereits im Vorlesungsverzeichnis zu blättern, um einen neuen Kurs zu finden. Doch die Mehrheit entscheidet sich für den Kurs.

©Anna

Es soll auch nur fünf Wochen dauern bis die spanische Gelassenheit auf uns wirkt. Ende Oktober lässt uns der Dozent wieder für zwei Tage sitzen. Doch Lucy aus Belgien und die anderen Erasmus-Studenten haben dazugelernt. Schnell verbreitet sich das Gerücht, dass er erst Ende November wiederkommen wird. Als der Professor Anfang November wieder an die Uni zurückkehrt, schaut er verwundert in den Raum. Er ist hochmotiviert und ziemlich allein.

Lest nächsten Freitag die zweite Episode in der Sonderserie über Erasmus: Die ersten Wochen eines jungen Maltesers in Rom.

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