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Der schwarze Ritter Orbán und sein Mediengesetz: Duell im EU-Parlament

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Politik

Bei seiner Antrittsrede zum EU-Ratsvorsitz hat sich Ungarns Premier Viktor Orbán heftige Auseinandersetzungen mit EU-Parlamentariern geliefert. Sie hatten vor allem Ungarns Mediengesetz kritisiert. Orbáns Reaktion hat das Land in Misskredit gebracht, meinen Kommentatoren, halten die Kritik aber auch für überzogen und unglaubwürdig.

Népszava: Die ungarische EU-Ratspräsidentschaft in Misskredit gebracht, noch ehe sie begonnen hat; Ungarn

Der Auftritt des ungarischen Regierungschefs Viktor Orbán vor dem Europaparlament hat Ungarn in Misskredit gebracht, schreibt die linke Tageszeitung Népszava: "Ursprünglich war es Orbáns Ziel zu zeigen, dass die Regierung in Budapest den europäischen Werten verpflichtet ist. Stattdessen verursachte er einen Skandal, durch den Ungarn heute weiter denn je von Europa entfernt ist. [...] Ein sichtlich verärgerter und irritierter Orbán wurde von den EU-Abgeordneten aufgefordert, die europäischen Grundwerte zu achten. Er wurde aber auch an Folgendes erinnert: Einst habe er selbst gegen jene Politik gekämpft, die er heute vertritt. Es muss für Orbán denkbar unangenehm gewesen sein. [...] Orbán konterte: Kämpferisch belehrte er das Europaparlament, und er bezeichnete das deutsche Mediengesetz als antidemokratisch. Er verhielt sich so, als wäre er im ungarischen Parlament, sprich: in seinem eigenen kleinen Königreich. Es gelang ihm, die ungarische EU-Ratspräsidentschaft in Misskredit zu bringen, noch ehe sie richtig begonnen hat." (Artikel vom 20.01.2011)

Sme: Europas Sozialisten erwiesen sich als wenig seriös und vertrauenswürdig; Slowakei

Ungarns Premier Viktor Orbán hat sich bei seiner Antrittsrede als EU-Ratsvorsitzender gegenüber seinen Kritikern zwar nicht sonderlich geschickt angestellt, urteilt die liberale Tageszeitung Sme, bezeichnet die Kritiker aber als unglaubwürdig: "Für Orbán wurde der Tag zu einer außerordentlichen Blamage, weil er sich gegenüber den EU-Abgeordneten und Journalisten nicht beherrschte und ihnen mit ähnlichen Worten wie vor heimischem Publikum vorwarf, Ungarn zu beleidigen. [...] Als wenig seriös und vertrauenswürdig erwiesen sich die Kritiker Orbáns aus der Fraktion der europäischen Sozialisten. Waren sie es nicht, die unlängst die frühere slowakische Regierung von Robert Fico als Beispiel erfolgreicher linker Politik verteidigten und deren autoritäre Schritte wie das Pressegesetz oder die nationalistischen Angriffe auf die ungarische Minderheit zumindest bagatellisierten? Ebenso schwer kann man die damaligen Kritiker Ficos aus der Fraktion der Volkspartei als vertrauenswürdig bezeichnen, die jetzt Orbáns Angriff auf die Demokratie, das freie Wort, auf Marktprinzipien und Privateigentum kleinreden." (Artikel vom 20.01.2011)

Frankfurter Allgemeine Zeitung: Es ist Unsinn, zu behaupten, Ungarn sei auf dem Weg in die Diktatur; Deutschland

Der Eklat im Straßburger Parlament hat zwei Schuldige, den Kritisierten und die Kritiker, meint die konservative Frankfurter Allgemeine Zeitung. Und beide müssen sich im Interesse Europas mäßigen: "Es ist Unsinn, zu behaupten, Ungarn sei auf dem Weg in die Diktatur. Orbán sollte freilich auch nicht die - ihm zugedachte - Rolle des schwarzen Ritters spielen; nicht jeder Kritiker des Mediengesetzes zielt auf die ungarische Innenpolitik und die Mehrheit der Konservativen ab; vielen geht es tatsächlich allein um die Pressefreiheit, und die gehört nun einmal zum Kern des europäisches Wertekanons. Die Regierung in Budapest sollte Korrekturwünsche der Kommission nicht als dreiste Einmischung abtun, sondern als legitimen Beitrag ernst nehmen. Es ist bedauerlich, dass die EU-Präsidentschaft Ungarns, dessen Ehre niemand in Zweifel zieht, einen solchen Beginn hat. So weitergehen darf es nicht. Alle europäischen Akteure müssen ein Interesse daran haben, dass sie nicht in der Hitze des Medienstreits verbrennt. Es ist nicht so, dass Europa keine anderen Sorgen hätte." (Artikel vom 20.01.2011)

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Fotos: (cc)erix!/flickr; Video: (cc)matthiasbrendel/Youtube

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