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cafebabel.com 2010: Europäische Köpfe des Jahres

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Gesellschaft

Ein türkischer Julian Assange, Deutschlands blinder Protestheld, Italiens schwul-katholischer 'Obama', eine Feministin aus Litauen, Sloweniens Skimeisterin und Ungarns sexy Wissenschaftler... die Köpfe des Jahres auf cafebabel.com - ausgewählt von unseren Localteams.

Italien: Nichi Vendola, linker Berlusconi

Ein schwuler, katholischer, kommunistischer Umweltfanatiker: Ist der aus Bari stammende Politiker die einzige Alternative zu Berlusconi? Die Antwort ist umstritten: Denn der PD (Demokratische Partei und Opposition) ist die Sinistra, Ecologia e Libertà (Linke, Umwelt, Freiheit, SEL) des 52-Jährigen ein Dorn im Auge. Außerdem hat Vendola keinen einzigen Vertreter seiner Partei im Parlament. Doch die junge Generation sieht in ihm eine gewisse Hoffnung für die Zukunft. Die BBC bezeichnete Vendola als Italiens Obama, während die Italiener selbst den Politiker eher als ‚linken Berlusconi‘ ('Berlusconi di sinistra') einschätzen.

(Federico Iarlori, cafebabel.it/ Foto: (cc) GhostSwann/ Vincenzo Fiore/flickr)

Griechenland: Liedermacher Mikis Theodorakis

Mikis Theodorakis wird immer eine Einigungsikone sein, auch in diesen schwierigen Zeiten für Griechenland, in denen Politiker mit ihren Reformen ein bürgerkriegsähnliches Klima hervorrufen. Der zeitlose 85-jährige Sänger stellt seine Musik auf seinem Blog zum freien Download zur Verfügung, damit seine „Songs alle Orte Griechenlands und jeden Aspekt der griechischen Seele erreichen können“. Am 1. Dezember kündigte Theodorakis an, dass er die unabhängige Bürgerbewegung Spitha ('Funke') ins Leben rufen wolle.

(Elina Makri, Athens/ Image: (cc) Heinrich Klaffs/flickr)

Großbritannien: Boris Johnson, Bürgermeister von London

Mit der Lawine an Sparmaßnahmen und gesalzenen Preisaufschlägen für öffentliche Verkehrsmittel mag es verwundern, dass der konservative Bürgermeister von London (seit 2008 im Amt) einen Platz in dieser europäischen Reihe erhält. Doch wie kann man Johnsons Popularität ignorieren, dessen Name sogar sinnbildlich für die 140 Millionen Britische Pfund teure Fahrradweg- und Begrünungsaktion Londons steht? Johnsons spezieller englischer Touch, sein exzentrischer Look, unheimlicher Humor und insbesondere die neuen Wasserstoff-angetriebenen Busse verschaffen ihm aber ein Plätzchen im cafebabel-Klassement für das Jahr 2010.

(Foto: (cc) leafar/ Raphaël Labbé/flickr/ leafar.eu/)

Bulgaria: Kristalina Georgieva, Miss 'Institution' 2010

“Ich bin keine Politikerin und das hilft mir sehr”: Die 57-Jährige Kristalina Georgieva ist ehemalige Vizepräsidentin der Weltbank und aktuell die bulgarische EU-Kommissarin für humanitäre Angelegenheiten. In dieser Position musste sie dieses Jahr nicht nur zwei große Naturkatastrophen meistern. Sie hat sie mit soviel Bravur gemeistert, dass sie zwei European Voice Awards gewann - den als Europäer/in des Jahres und Kommissar/in des Jahres. Wir brauchen mehr Hoffnungsträger wie Kristalina Georgieva in den EU-Institutionen.

(Bistra Andreeva, Sofia/ Foto: (cc) European Parliament/flickr)

Polens Oscar-Hoffnung 2011: Jacek Borcuch

Als die cafebabel.pl Korrespondentin Anna Sidoruk den Regisseur in Warschau traf, fielen ihr besonders die dunkle Sonnenbrille, die Fischgräten-Jacke und die Converse-Treter auf… Jacek Borcuch ist unsere polnische Persönlichkeit des Jahres: Der Regisseur packt sowohl die Solidaritätsbewegung als auch Rockmusik und die frühen Achtziger in seinen Film Alles was ich liebe (Wszystko co kocham), der für die Oscars 2011 nominiert wurde.

(Foto (cc)JB Facebook)

Litauen: Junge Philosophie von Dr. Nida Vasiliauskaitė

Nida Vasiliauskaitė ist dafür bekannt, dass sie sich gern bissige bis scharfe Wortgefechte zu gesellschaftspolitischen Themen mit der litauischen Presse liefert. Dabei ist sie der Meisterin der Argumentation und findet noch die kleinsten Schwächen in der Beweislage ihrer Opponenten. Natürlich bringt ein starker Charakter auch Neider mit sich, nicht alle mögen Nida Vasiliauskaitė, die gern ab und zu mal als radikale Extrem-Feministin bezeichnet wird. Aber Nida hat auf eindrucksvolle Art und Weise von der Familien-, Bildungs-, LGBT- und Nationalismusdebatte in unserem Land gesprochen. Das i-Tüpfelchen? Sie hat eine Menge Humor!

(Daiva Repeckaite, Vilnius/ Foto: Mit freundlicher Genehmigung von Nida Vasiliauskaitė)

Spanien: Ignacio Escolar, Journalist

Mit 35 Jahren ist der Spanier aus Burgos immer am Ball: ob als Radio- oder Fernsehkommentator oder auf seinem Politik-Blog, der (laut Wikio-Ranking) einer der einflussreichsten in unserem Land ist. Ignacio Escolar hat außerdem zahlreiche Preise abgesahnt, wie den 'Frauenpreis' - als er es 2007 ablehnte Werbebanner mit Prostituierten in seiner Zeitung Público, bei der er Editor war, abzudrucken. Viel Aufmerksamkeit von der Öffentlichkeit erhielt ein Artikel des ehemaligen Musikers, in dem er das Prinzip des Raubkopierens verteidigt.

(Argemino Barro, cafebabel.es/Foto: (cc)marilinkMarilin Gonzalo/flickr)

Slowenien: Petra Majdič, Skilangläuferin

Sloweniens beste Skilangläuferin steht beispielhaft für eine ordentliche Portion Mut. Ihre Willensstärke kam besonders bei den Olympischen Winterspielen in Vancouver zum Ausdruck. Die 30-Jährige gewann die Bronze-Medaille im Klassiksprint, trotz ihres Sturzes beim Training, bei dem sie sich 5 Rippenbrüche und einen Lungenfell-Riss zuzog.

(Jasa Pipan, Ljubljana/ Foto: (cc) oskarlin/flickr)

Rumänien: Mugur Isărescu, Gouverneur der rumänischen Nationalbank

Der ehemalige Ministerpräsident (1999/2000), der die Beitrittsverhandlungen mit der EU vorantrieb, kommt bei den Menschen seines Landes 2010 gut weg. Trotz eines Jahres voller Sparmaßnahmen konnte er die nationale Währung der Rumänen bei der Stange halten. Isărescu ist nicht nur eine beständige und vertrauenswürdige Figur der rumänischen Politik - in der er seit 1990 mitmischt - sondern auch ein ziemlich smarter und unverblümter Politiker, der Tacheles redet, wenn man ihn lässt. Auch der Name des 61-Jährigen ist sinnbildlich: Mugur heißt soviel wie „Keim“ oder „Trieb“.

(Jo Ilie, Bucharest)

Deutschland: S21-Demonstrant Dietrich Wagner

Der 66-jährige Rentner und "Streik-Daddy" ist trauriger Held der deutschen Proteste gegen das kontrovers diskutierte Bahnhofsbauprojekt 'Stuttgart 21'. Seit Monaten mobilisiert die städtebauliche Umwandlung des Stuttgarter Bahnhofsgeländes die Bewohner der Stadt - und das in Deutschland, wo die Streikkultur ansonsten eher dürftig ausgeprägt ist. Während einer Räumungsaktion verlor Dietrich Wagner sein Augenlicht, als die Polizei Wasserwerfer gegen die Menge einsetzte. Ein geschminktes, blutiges Auge ist seitdem zum solidarischen Zeichen der Stuttgarter Streikbewegung geworden.

(Katharina Kloss, cafebabel.de/ Foto: (cc) S21/ Flickr)

Ungarn: Laszlo Robert Zsiros, Wissenschaftler

Jahr für Jahr werden Millionen Euro investiert, um den europäischen Nachwuchs für die Wissenschaft zu begeistern. Der 30-jährige Laszlo Robert Zsiros ist der lebendige Beweis dafür, dass Wissenschaft sexy und durchaus auch günstig sein kann. Der Videoblog des Ungarn, auf dem er allerlei Experimente zeigt, wurde 2008 als ungarischer Blog des besten Entertainments ausgezeichnet. Und auch offline ist Laszlo immer unterwegs, um neue Wege zu finden, die Menschen für seine Leidenschaft zu begeistern: Dazu zählen Wissenschaftsfestivals in ganz Europa (von Warschau über Belgrad bis Kopenhagen und Lissabon) sowie menschennahe Workshops wie der jährliche Geek Pride Day in Ungarn. 'Science. As you like it' - lautet das Motto des Palace of Miracles Science Centre in Budapest, für das Laszlo arbeitet.

(Kristian Gal, Budapest)

Mehmet Baransu, türkischer Julian Assange

Und zu guter Letzt der türkische Bonus des Jahres... 2008 enthüllte der Journalist der überregionalen Zeitung Taraf Geheimdokumente über einen geplanten Coup der Armee zur Destabilisierung der 2001 von Erdogan gegründeten Regierungspartei AK (Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung). Der 31-Jährige genießt den Ruf, die türkische Presse zu revolutionieren. 2010 wurde bekannt, dass er von der Polizei abgehört wurde.

(Ozcan Tikit, Istanbul/ Foto: (cc) Serkan Sertürk/ Habertürk)

Maria Vassilakou: Politisch-grüner Neustart für Wien?

Zu den letzten Wiener Landtags- und Gemeinderatswahlen vom Oktober 2010 konnte die fast schon 'absolute Macht' der österreichischen Sozialdemokraten (SPÖ) endlich etwas ausgehebelt werden. Im Bruch mit der Tradition des machtpolitischen Tauziehens der stärksten Parteien (SPÖ, FPÖ), hat die Stadtregierung nun erstmals eine rot-grüne Koalition aus Sozialdemokraten (SPÖ) und Grünen gebildet. Maria Vassilakou, die in Griechenland geborene Spitzenkandidatin der Wiener Grünen, wurde am 25. November 2010 zur ersten grünen Vizebürgermeisterin und Stadträtin für Stadtentwicklung, Verkehr, Klimaschutz, Energieplanung und BürgerInnenbeteiligung Wiens ernannt. Mit ihrem Migrationshintergrund und der doppelten Staatsbürgerschaft ist sie die Hoffnungsträgerin 2011 für einen längst überfälligen Paradigmenwechsel in der österreichischen Migrations- und Integrationspolitik.

(Foto: ©Markus Rössle/wien.gruene.at/mariavassilakou)

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