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Angela Merkel, eine etwas andere Politikerin

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Es sieht ganz so aus als ob die 51-jährige Vorsitzende der Oppositionspartei CDU die erste deutsche Bundeskanzlerin werden wird. Eine beachtliche Errungenschaft der ehrgeizigen ostdeutschen Naturwissenschaftlerin.

Die Geschichte des Aufstiegs zur Macht der konservativen Kanzlerkandidatin Angela Merkel ist alles andere als gewöhnlich. Vor 32 Jahren, mitten im Kalten Krieg, begann sie ein Physikstudium an der Universität Leipzig. Nach ihrem Abschluss blieb sie dem akademischen Umfeld treu und arbeitete am Zentralinstitut für physikalische Chemie. Die jetzige Kanzlerkandidatin der CDU/CSU bei den anstehenden Wahlen begann ihre politische Karriere erst 1989, als sie dem Demokratischen Aufbruch beitrat, einer neu gegründeten Partei in Ostdeutschland, die sich für demokratische Reformen einsetzte. Erst zwei Monate vor der Wiedervereinigung Deutschlands im Jahr 1990 trat sie in die CDU ein. Nichtsdestotrotz rückte sie innerhalb weniger Monate in die Parteispitze auf - als Ministerin für Frauen und Jugend in Helmut Kohls Kabinett. Von 1994 bis 1998 war sie unter der Regierung Kohl Umweltministerin, daraufhin CDU-Generalsekretärin (1998-2000) und seit 2000 ist sie Parteivorsitzende. Und nun hat sie gute Chancen, die erste deutsche Frau seit der Kaiserin Theophanu im 10. Jahrhundert an der Spitze Deutschlands zu werden.

Kirche und Kommunismus

Als Tochter eines protestantischen Pastors wurde die Religion ihr quasi mit der Muttermilch eingeflößt und ihre christliche Einstellung spielt bei ihren politischen Entscheidungen eine wichtige Rolle. Als Atheist wäre es für sie „viel härter“ gewesen, große politische Verantwortung zu übernehmen, erzählte sie einmal dem Journalisten Hugo Müller-Voggs. Trotzdem vertritt Angela Merkel bei umstrittenen Themen wie Stammzellenforschung und Bioethik oder Homosexuellenrechten eher liberale Standpunkte.

Außer mit der protestantischen Lehre von Martin Luther ist Angela Merkel auch mit den Lehren eines anderen berühmten Landsmanns vertraut: Karl Marx. Als Kind in der kommunistischen DDR wurde ihr Fahrrad einmal von sowjetischen Soldaten gestohlen. Die Erfahrung, in einem totalitären Staat aufzuwachsen, hat Angela Merkel geprägt. Der Journalist Roger Boyes schreibt über sie: „Merkel ist ein Produkt des Kommunismus...ihr Instinkt, ihr Misstrauen Männern gegenüber, ihr Gespür für Verschwörungen. Sogar ihre Karriere scheint einem persönlichen 5-Jahresplan zu folgen.“

Auf politischer Ebene ist die Ostdeutsche allerdings so weit wie nur irgend möglich vom Kommunismus entfernt. Die Koalition aus CDU und CSU war schon immer ein entschiedener Gegner von Kommunismus, Sozialismus und allen anderen „roten“ Ideologien. Das kommt auch gut in einem alten Wahlplakat aus den 50er Jahren zum Ausdruck, das die Aufschrift trägt: „Alle Wege des Marxismus führen nach Moskau“.

Weniger Staat

So ist es keine Überraschung, dass Angela Merkel sich selbst als die Antithese zu all dem definiert, für das die gegenwärtige SPD-Regierung steht - auch wenn sie und ihre Partei die „unsozialen“ Reformen, für die Kanzler Schröder von der Linken so scharf kritisiert wird, unterstützt haben. Die innenpolitischen Prioritäten der CDU-Vorsitzenden sind vor allem die Reform des Gesundheitssystems, die Senkung der Lohnnebenkosten und die Vereinfachung des Steuersystems. Anders gesagt: Angela Merkel hofft darauf, dass die schwache Konjunktur durch weniger staatliche Präsenz angekurbelt wird.

Ein Wahlsieg von Angela Merkel würde auch eine neue Ära in der Außenpolitik bedeuten. Bei einem informellen Treffen sagte die Oppositionskandidatin dem französischen Präsidenten Chirac, dass die Wichtigkeit der deutsch-französischen Bindungen anerkenne, diese aber nicht den Beziehungen zu anderen Ländern schaden dürften. Dies ist ein Verweis auf das Verhältnis zu Polen, den USA und Großbritannien, das seit dem Irak-Krieg unter erheblichen Spannungen gelitten hat. Eigentlich ist Angela Merkels Vision von Europa der von Tony Blair sehr ähnlich. Sie sieht die EU als Ergänzung, nicht als Rivalen der USA.

Was Russland angeht, so hat Angela Merkel anklingen lassen, dass sie im Falle eines Wahlsiegs Präsident Putin auf seinen anti-demokratischen Regierungsstils ansprechen wird. Sie wäre nicht nur die erste Kanzlerin, die sich auf russisch mit dem Präsidenten unterhalten kann, sondern ihre Kritik wäre auch ein starker Kontrast zu der freundschaftlichen Beziehung zwischen Schröder und Putin.

Margaret Merkel?

Angela Merkel wurde schon unzählige Male mit Margaret Thatcher, der früheren britischen Premierministerin (1979 bis 1990) verglichen und die deutsche Presse hat sie des öfteren als „Eiserne Lady“, „Eisernes Mädchen“ oder sogar als „Maggie“ bezeichnet. In der Tat sind die Parallelen zwischen Angela Merkel und Margaret Thatcher verblüffend. Beide Politikerinnen kommen aus der Wissenschaft. Margaret Thatcher hat einen Abschluss der University of Oxford in Chemie. Beide sind neoliberale Konservative und haben in einer von Männern dominierten Welt erfolgreich Karriere gemacht. Margaret Thatcher ist es gelungen, die Konservativen nach zwei verlorenen Wahlen wieder an die Macht zu bringen. Es bleibt abzuwarten, ob Angela Merkel das auch schafft.

Translated from Angela Merkel, not your average politician