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Albanien: Nato ja, Berisha Nein

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KulturPolitik

Während das offizielle Tirana in der mit Fahnen geschmückten Stadt die Einladung Albaniens in die Nato feierte, versammelte sich die Opposition zu einer Kundgebung gegen die Regierung.

Auch mit NATO-Einladung bleiben die Probleme des Landes bestehen (Fotos: Hans-Ulrich Lempert/ n-ost)

Von einem historischen Moment sprach der albanische Ministerpräsident Sali Berisha in Bukarest, als sein Land die ersehnte Einladung in den Aktionsplan zur Nato-Mitgliedschaft erhielt. Endlich kehre Albanien "in die Familie der euro-atlantischen Nationen zurück". Doch während das offizielle Tirana in der mit Fahnen geschmückten Stadt feiert, ruft die Opposition zu einer Kundgebung gegen die Regierung auf.

Mehrere zehntausend Menschen wurden am 4. April zu einer Demonstration der oppositionellen sozialistischen Partei erwartet. Unter dem Motto "Nato ja, Berisha Nein" richten sich die Proteste allerdings nicht gegen das Militärbündnis, sondern gegen die Regierung. Berishas Kabinett steht nach den folgenschweren Explosionen in einem Munitionslager Mitte März heftig in der Kritik.

Albanische Medien berichteten vor dem Nato-Gipfel über katastrophale Arbeitsbedingungen, illegalen Waffenhandel und Korruption in höchsten Kreisen. Die Opposition fordert eine vollständige Aufklärung der Hintergründe und den Rücktritt Berishas, der für das Unglück verantwortlich sei. Die amtierende Regierung sei nicht in der Lage, die für eine Integration in westeuropäische Strukturen notwendigen Werte und Prinzipien in Albanien umzusetzen, so der Vorwurf der Sozialisten.

Der lange Weg nach Europa

Wegen der jahrzehntelangen Abschottung sowohl gegen den Westen als auch gegen den Osten setzten ab 1991 alle demokratischen Parteien eine Demokratisierung des Landes mit der Rückkehr nach Europa gleich, also mit der Integration in westliche Strukturen. Seit 1995 ist Albanien im Europarat vertreten, bereits 1994 stellte es den Antrag auf vollständige Nato-Mitgliedschaft. Durch sein militärisches Engagement in Afghanistan und Irak, wo Albanien mit insgesamt 280 Soldaten vertreten ist, hat Tirana seinen Wunsch nach Westintegration unterstrichen. Nach der Einladung in Bukarest könnte die vollständige Mitgliedschaft nun bereits nach einem Jahr ausgesprochen werden. Anders als in den meisten westeuropäischen Mitgliedsstaaten der Nato wird in Albanien so gut wie keine Kritik an dem Militärbündnis laut. Es besteht ein breiter gesellschaftlicher, alle Parteien umfassender Konsens, dass Albanien Mitglied der Nato sein sollte.

Die mit einer Mitgliedschaft verbundenen zusätzlichen militärischen Aufgaben und Ausgaben werden hingegen kaum öffentlich debattiert. Insgesamt sind bis 2010 über 50 Millionen Euro an militärischen Investitionen geplant. Zwar hat Albanien einen vergleichsweise geringen Verteidigungsetat von nur zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts, aber die technisch veraltete Armee braucht eine enorme Modernisierung, um westeuropäische Standards zu erreichen - eine Aufgabe, die angesichts der verbreiteten Armut in Albanien in Zukunft für Spannungen sorgen wird.

Bush-Berisha: Treffen 2007 in den USA (Foto: Chris Greenberg/ Wikimedia)

Auch wenn die Einladung zur Nato-Mitgliedschaft ein außenpolitischer Erfolg für die Regierung in Tirana ist, werden die Probleme des Landes bestehen bleiben - allen voran die ineffiziente Politik und die schwachen, durch Korruption behinderten staatlichen Strukturen. Auf die Frage, was er sich von einer Mitgliedschaft in der Nato erhoffe, antwortete ein albanischer Student: "Dass die Politiker, wenn sie in den Westen integriert sind, mehr Verantwortung für ihre Politik übernehmen müssen. Erst dann besteht eine reelle Chance auf Entwicklung in Albanien."

Der Autor ist Mitglied des Korrespondenten-Netzwerkes n-ost

Intext-Fotos: Protestaktion albanischer Sozialisten (Hans-Ulrich Lempert/ n-ost)