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Absage: Stell' dir vor, Europa redet mit einer Stimme und Obama hört nicht zu

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Politik

US-Präsident Barack Obama kommt nicht zum EU-USA-Gipfel, der für Mai geplant ist. Die offizielle Erklärung lautet, er will sich innenpolitischen Problemen widmen. Die europäische Presse vermutet hingegen, er möchte keine Zeit in Europa verschwenden, das noch immer nicht mit einer Stimme spricht.

Blog planet in progress: „Obamas Entscheidung ist nachvollziehbar“; Deutschland

Dass US-Präsident Barack Obama nicht zum EU-USA-Gipfel kommt, liegt auch an Europas weiterhin bestehender Vielstimmigkeit, meint Jochen Bittner im Zeit-Blog: "Der Lissabon-Vertrag, zeigt sich, löst eines seiner Hauptversprechen nicht ein. Europa beschallt die Welt auch weiterhin nicht mit einer Stimme. Sondern mit einem ganzen Chor. Die beiden Spitzenämter, die dies ändern sollten, der permanente Ratspräsident sowie die 'EU-Außenministerin' bündeln nicht, wie erwartet, Europas außenpolitische Vertretungsmacht. [...] Ganz abgesehen von den Querelen in Brüssel, ist die Entscheidung Obamas nachvollziehbar. Europa ist der amerikanischen Regierung nicht halb so wichtig wie es glaubt. Warum auch? Wahre Chancen und Risiken der Weltpolitik warten anderswo. In China, in Afghanistan, in Indien und Lateinamerika. [...] Die schmerzhafteste Erkenntnis über ihre Rolle in der Welt könnte der Lissabon-EU noch bevorstehen: Stell' dir vor, Europa redet mit einer Stimme und keiner hört zu." (Artikel vom 03.02.2010)

Hospodářské noviny: „Vertane Zeit“; Tschechien

Unverständnis: Europäer rufen nach amerikanischen Stützpunkten verkaufen gleichzeitig strategische Firmen an die Russen.

Die Absage des Gipfel-Treffens mit der EU von US-Präsident Barack Obama überrascht die Wirtschaftszeitung Hospodářské Noviny nicht. Mit den widerstreitenden Interessen der Europäer habe er schon einmal seine Zeit vertan: "Aus verschiedenen Quellen verlautet, dass die überraschende Entscheidung mit Obamas enttäuschenden Erfahrungen zusammenhänge, die er vor Jahresfrist in Prag gemacht habe. Seinerzeit hieß es, dass sich die 27 europäischen Führer nur in seinem Ruhm zu sonnen versucht hätten. Obama habe im engsten Kreis von vertaner Zeit gesprochen. [...] Die abgekühlten Beziehungen Obamas zu Europa haben aber noch viel tiefere Gründe. Amerika wünscht sich ein selbständiges und starkes Europa, das sich um seine eigene Sicherheit selbst kümmert, beispielsweise um die der Energieversorgung. In Washington versteht man nicht, dass Deutschland und Polen in dieser Frage völlig gegensätzliche Meinungen vertreten. Man versteht auch nicht, weshalb einige Europäer nach amerikanischen Stützpunkten rufen und gleichzeitig strategische Firmen an die Russen verkaufen."

(Artikel vom 03.02.2010)

De Standaard: „Absage sollte einen Alarm in Brüssel auslösen“; Belgien

Warum sollte US-Präsident Barack Obama sich überhaupt mit der EU treffen, fragt die linksliberale Tageszeitung De Standaard. Sie hat ihm nichts zu bieten: "Hätten [der EU-Ratspräsident Herman] Van Rompuy - oder [der spanische Premier José Luis Rodríguez] Zapatero oder der Kommissionsvorsitzende [José Manuel] Barroso - ihm etwas erzählen können über die gemeinsame ökonomische Politik der EU, um die fragilen Verhältnisse zu stärken? Über die europäische Haltung zur neuen chinesischen 'selbstsicheren Aggressivität', mit der Washington mehr und mehr zu rechnen hat? Die Absage sollte einen Alarm in Brüssel auslösen. In dieser sich schnell verändernden, post-amerikanischen Welt droht die EU immer weiter an die Seitenlinie abgedrängt zu werden. [...] Um es in der Sprache der Formel 1 auszudrücken: Während Europa in der Box weiter an der Einstellung des Motors bastelt, fahren die chinesischen, indischen und brasilianischen Rennwagen immer schnellere Runden. Nur wenn Europa mit einer Stimme spricht, wird es auch ernst genommen werden. Sonst droht langfristig die Irrelevanz."

(Artikel vom 03.02.2010)

Foto ©dewes008/flickr

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